Borderline

Das Leben als Achterbahnfahrt

Ein Leben schwankend zwischen den Extremen, zwischen Gutem und Bösem, zwischen Freude und Schmerz, zwischen leben und sterben wollen. So würden wohl viele Betroffene das Leben mit Borderline beschreiben. Vielleicht fühlst du dich selbst angesprochen, vielleicht kennst du jemanden in deinem Umfeld, auf den die Beschreibung passen könnte. Im folgenden Text erfährst du, was die Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind, welche Behandlungsschwerpunkte es gibt und auch, wo du dir Hilfe holen kannst, falls du sie brauchst.

Wie sich eine Borderline-Störung zeigt

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung, kurz BPS, gehört zu den häufigsten Persönlichkeitsstörungen (1.5-3 % der Bevölkerung) und gehört in psychotherapeutischen Kliniken gar zu den häufigsten Aufnahmediagnosen. Betroffene führen oft ein chaotisches Leben, geprägt von Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen, negativem Selbstbild, selbstschädigendem Verhalten und aggressiven Wutausbrüchen. Bei Frauen scheint die Diagnose drei- bis viermal häufiger aufzutreten als bei Männern.

Eines der wichtigsten Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist die Störung der Affektregulation. Betroffene reagieren z.T. bereits bei Kleinigkeiten mit intensiven Gefühlen wie Angst, Verzweiflung, Wut, Selbstverachtung oder Schuldgefühlen, die sie nur schwer kontrollieren können. In solchen Momenten ist es für Betroffene sehr schwierig, logisch zu denken und sich auf etwas Spezifisches zu fokussieren. Sie sind von den Gefühlen eingenommen und können sich kaum davon distanzieren. Die heftigen negativen Gefühle werden nicht nur rasch ausgelöst, sondern es dauert auch lange, bis diese Gefühle wieder abklingen.

Die Gefühle von Menschen mit Borderline-Störung wachsen schnell, nehmen viel Raum ein und klingen nur langsam wieder ab.

Die Auslöser für negative Gefühle sind oftmals zwischenmenschlicher Natur, also beispielsweise Kritik oder Konfrontation, welche Betroffene als Zurückweisung erleben. Andere Auslöser können die Erinnerung an traumatische Erlebnisse aus der Kindheit sein, die bei Borderline-Patient:innen häufig vorkommen. Als Reaktion auf die kaum aushaltbare Intensität der Gefühle, kann eine innere Leere entstehen. So berichten viele Patient:innen, dass sie sich manchmal wie innerlich abgestorben oder tot fühlen. Andere Betroffene wiederum reagieren mit immenser innerer Anspannung, die sie nur schwer abbauen können.

Als wäre dieser Zustand nicht schon genug schwierig, geraten Betroffene in solchen Momenten oft in einen Strudel von selbstverachtenden und destruktiven Gedanken, wie beispielsweise "ich mache alles falsch, es wäre besser, wenn ich nicht hier wäre". Nicht selten resultieren daraus sogenannte dissoziative Zustände, in denen sie kein Schmerzempfinden mehr haben und sich wie in Trance befinden.

Ein weiteres Merkmal der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist selbstschädigendes Verhalten, wie beispielsweise Selbstverletzung durch Schneiden. Das Schneiden kann den Patient:innen helfen, aus einem dissoziativen Zustand aufzuwachen, die innere Anspannung zu reduzieren und wieder ruhiger zu werden. Der Leidensdruck verringert sich jedoch dadurch nur kurzfristig, weil das destruktive selbstverletzende Verhalten die Borderlinesymptomatik eher noch verstärkt, indem es sich negativ auf Schuldgefühle, Selbstverachtung etc. auswirkt.

Ebenfalls charakteristisch für die hier besprochene Problematik ist die hohe Impulsivität der Betroffenen. Sie drückt sich nicht nur in Selbstverletzung, sondern beispielsweise auch in bulimischem Essen, Drogenkonsum, überschwänglichem Geldausgeben, risikoreichem Verhalten, Sex mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder aggressivem Verhalten aus.

 

Behandlung von Borderline

Eine psychotherapeutische Behandlung bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist sehr empfohlen, wenn nicht gar notwendig. Es ist insbesondere wichtig, dass sich betroffene Menschen in der Beziehung zu ihrem/r Therapeut:in einerseits sicher fühlen, ihm/ihr vertrauen, gleichzeitig aber auch gefordert werden. Der Beziehung zwischen Therapeut:in und Klient:in kommt deshalb eine besonders wichtige Stellung zu, weil Betroffene hier ein gesundes Beziehungsverhalten erlernen und üben können (beispielsweise aufmerksames, vorurteilsfreies Zuhören, Verantwortungsübernahme, Ausdrücken und Reflexion von Emotionen und Gedanken etc.).

Das Erschaffen einer vertrauensvollen Therapiebeziehung ist entscheidend für eine Borderline-Therapie.

Oftmals leiden Klient:innen nicht nur unter der Borderline-Symptomatik, sondern auch unter weiteren psychischen Störungen, wie beispielsweise Zwangsstörung, Essstörung, Suchterkrankung oder Posttraumatischer Belastungsstörung (Stichwort Komorbidität). Die Behandlung muss dieser Vielschichtigkeit an Symptomen gerecht werden, wobei es zu Beginn der Therapie Sinn macht, eine Zielhierarchie zu erstellen. Was liegt aktuell im Vordergrund, was möchte der/die Klient:in zuerst angehen?

Zu Beginn der Behandlung stellt Psychoedukation ein wichtiger Behandlungsansatz dar. Hierbei werden dem/der Klient:in, aber auch Angehörigen, Informationen über die Störung vermittelt und der zu erwartende Verlauf dargestellt. Beispielsweise kann über die Sinnhaftigkeit von selbstverletzendem Verhalten informiert und reflektiert werden, oder Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptome vorgestellt werden. Psychoedukation hat es zum Ziel, den/die Klient:in zum Experten seiner Störung zu machen, was seine/ihre Selbstverantwortlichkeit fördert und Vertrauen in sich selbst schafft.

Im Laufe der Psychotherapie werden u. a. gesunde Strategien erlernt, mit inneren Spannungszuständen umzugehen und damit das selbstverletzende Verhalten zu reduzieren. Auch können Techniken erlernt werden, dissoziative Zustände zu reduzieren. Im fortgeschrittenen Stadium der Therapie lernt der/die Klient:in die eigenen Gefühle besser wahrzunehmen und zu steuern, sodass er/sie weniger von heftigen Gefühlen überrannt wird. So werden Klient:innen zunehmend stabiler und mit der Zeit bereit, dass auch traumatische Erfahrungen aufgearbeitet werden können.

 

Verlauf von Borderline

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung gehört zu den häufigsten Persönlichkeitsstörungen und ist bei jungen Erwachsenen viel häufiger anzutreffen als andere Belastungsstörungen. Das Vorkommen der Störung hängt stark vom Alter ab, sodass Menschen im mittleren Erwachsenenalter deutlich weniger unter der Borderline-Störung leiden, als junge Erwachsene oder Jugendliche. Der Beginn der Störung liegt in der Regel in der Pubertät.

 

Hohe Wirksamkeit von Therapien


Anders als lange Zeit angenommen, haben Persönlichkeitsstörungen eine äusserst geringe Rückfallrate und etwa 80 % der betroffenen Menschen weisen nach 10 Jahren eine deutliche Besserung der Symptome auf. Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung zeigen ein störungsspezifisches Therapieverfahren in Kombination mit medikamentöser Behandlung gute Ergebnisse. Neuere Studien konnten denn auch zeigen, dass der Langzeitverlauf der Störung besser ist, als bisher angenommen. Die Symptome von Klient:innen, welche in psychotherapeutischer Behandlung sind, können sich im Laufe der Zeit deutlich verringern.

In Bezug auf die psychotherapeutische Behandlung bei der Borderline-Störung haben sich zwei Therapieformen als besonders wirksam herausgestellt. Einerseits die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT), eine hauptsächlich kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapie und anderseits die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT), welche auf die Verbesserung der Fähigkeit zielt, Verhalten auf innere Prozesse wie Gefühle, Überzeugungen und Gedanken zurückzuführen.

Weitere Psychotherapien, die bei der Behandlung zum Einsatz kommen können, sind u. a. Schemafokussierte Therapie, Übertragungsfokussierte Psychotherapie oder Acceptance-and-Commitment Therapie.

 

Hast du das Gefühl, dass du unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidest oder sich eine solche anbahnt und möchtest gerne mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin darüber sprechen? Über Aepsy findest du eine grosse Auswahl an Therapeuten:innen, die dich kompetent unterstützen und begleiten können – für dich und eine gesunde Gesellschaft.

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