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Für Psycholog:innen
Von der unvorhersehbaren und überwältigenden Angst, die Kontrolle zu verlieren
«Ich hatte Panik!» - eine Aussage, die schnell im Alltäglichen gebraucht wird. In gewissen Situationen ist Panik eine gerechtfertigte Reaktion. Man stelle sich die überraschende Begegnung mit einem Bären vor, oder den Verdacht, seine Hausschlüssel verloren zu haben. Auch gewisse Lebensereignisse oder Herausforderungen können ein Gefühl der Panik auslösen. Panikattacken jedoch zeichnen sich durch ihre Unberechenbarkeit aus: Sie treten spontan und ohne Vorwarnung in unspezifischen Situationen auf. Der Körper reagiert mit heftigen Reaktionen wie Herzrasen, Zittern oder Atemnot, welche die Angst weiter verstärken.
Auch wenn Panikattacken aus medizinischer Sicht ungefährlich sind, können sie wegen ihrer Unvorhersehbarkeit zu einem grossen Leidensdruck führen. Damit du weisst, was du gegen diese unberechenbare und überwältigende Angst tun kannst, findest du hier Informationen, Ressourcen und Therapien rund ums Thema Panik.
Hatte ich eine Panikattacke?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zuerst einmal festhalten, was genau unter eine Panikattacke verstanden wird. Eine Panikattacke ist eine Episode intensiver Angst, einhergehend mit einer Reihe schnell und gleichzeitig auftretenden körperlichen Symptomen. Die WHO listet unter einer Panikattacke folgende körperliche Reaktionen als charakteristische Symptome auf:
- Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz
- Schwitzen
- Zittern
- Kurzatmigkeit
- Erstickungsgefühle
- Schmerzen in der Brust
- Übelkeit / Bauchschmerzen
- Schwindelgefühle / Benommenheit
- Schüttelfrost
- Hitzewallungen
- Kribbeln
- Taubheitsgefühl in Extremitäten
Im Vergleich zu anderen Angststörungen werden Panikattacken nicht durch ein spezifisches Ereignis ausgelöst - wie beispielsweise durch Menschenmengen bei der Agoraphobie - sondern treten spontan ein. Sie sind somit meist nicht an bestimmte Situationen gebunden, was ihnen ihre charakteristische Unvorhersehbarkeit verleiht.
Den Attacken gehen üblicherweise körperliche Reaktionen wie Herzrasen, Schwindel oder Konzentrationsprobleme voraus, welche wahrgenommen und mit Angst assoziiert werden. Durch diese Angstinterpretation verstärken sich die körperlichen Reaktionen, wodurch sich auch die empfundene Angst und somit die wahrgenommene Bedrohung verstärkt. Diese intensive Körperempfindungen lösen weitere Ängste aus, wie beispielsweise die Angst zu ersticken, einen Herzinfarkt zu bekommen, vollkommen die Kontrolle über den Körper zu verlieren oder verrückt zu werden.
Der sich schnell verstärkende Teufelskreis erreicht bereits innert 10 Minuten seinen Höhepunkt. Die gesamte Panikattacke kann zwischen 5 bis 30 Minuten anhalten, in Extremfällen auch bis zu 2 Stunden.
Einzelne Panikattacken sind kein seltenes Phänomen. So haben 15-30% der Bevölkerung mindestens einmal im Leben eine Panikattacke.
Zentral für die Panikattacken ist also die Wahrnehmung, beziehungsweise die Fehlinterpretation normaler körperlicher Aktivitäten. Der Körper ist dabei nicht wirklich einer Bedrohung ausgesetzt, aber durch die Verknüpfung der eigenen Körperwahrnehmungen mit einer Gefahr steigert sich der Körper in einen Bedrohungszustand. Tatsächlich konnten Studien zeigen, dass anstelle einer tatsächlichen Erhöhung der Herzfrequenz bereits die Annahme ausreichen kann: So hat bereits die Vortäuschung einer Herzfrequenzerhöhung durch eine falsche Rückmeldung eines Feedbackgeräts bei Betroffenen Angst ausgelöst.
Da ein erhöhter Puls, Kurzatmigkeit oder Schwindelgefühle durchaus durch alltägliche Tätigkeiten wie Treppensteigen oder schnelles Aufstehen eintreten können, ist es nicht selten, dass es aus Angst vor einer neuen Attacke zu einem Vermeidungsverhalten kommt. Da Panikattacken aber keine spezifische Ursache haben, lassen sie sich nicht unmittelbar vermeiden. Trotzdem versuchen Betroffene dadurch das Risiko einer neuen Attacke zu reduzieren. Dieses Vermeidungsverhalten und die Angst vor der möglichen erneuten Panikattacke können eine zusätzliche Belastung für Betroffene darstellen.
Die Ursachen dafür, wieso jemandem so plötzlich eine Panikattacke erlebt, sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht von einem Zusammenspiel aus biologischen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren aus. Zudem sind Vorfeld einer Attacke im Erwachsenenalter nicht selten belastende Lebensereignisse zu beobachten, wie beispielsweise Stress bei der Arbeit, Prüfungssituationen oder Konflikte mit dem Partner oder in der Familie.
Einzelne Panikattacken sind kein seltenes Phänomen. So haben 15-30% der Bevölkerung mindestens einmal im Leben eine Panikattacke. Es ist gut möglich, dass es bei einer Attacke bleibt und sich daraus keine Panikstörung entwickelt. Um jedoch abschliessend feststellen zu können, ob man eine Panikattacke erlitten hat, sollte der Kontakt zu Fachpersonen wie Ärzten oder Therapeuten suchen. In einem gemeinsamen Gespräch kann beurteilt werden, wie sie einzustufen ist und ob eine Behandlung zur Reduktion des Risikos einer erneuten Attacke zu empfehlen ist.
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Eine einzelne Panikattacke ist also noch nicht ausreichend für die Diagnose einer Panikstörung. Für eine Panikstörung ist das mehrfach wiederkehrende, unerwartete Auftreten von Panikattacken zentral. Dazu gehört die anhaltende Besorgnis über die mögliche Bedeutung oder körperlichen Folgen der Attacke, sowie eine Verhaltensänderung, nicht selten in Form eines Vermeidungsverhalten. Schliesslich kann eine Panikstörung zu erheblichen Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen.
Behandlung
Die gute Nachricht ist: Panikstörungen sind bei frühzeitigem Therapiebeginn gut behandelbar.
Auch wenn eine einzelne Panikattacke noch kein Grund für die Diagnose einer Panikstörung darstellt, ist eine frühzeitige Abklärung oder ein Therapiegespräch ratsam, um mögliche Langzeitfolgen abzuwenden. Treten erneut Panikattacken auf, ist eine Psychotherapie sehr zu empfehlen, denn eine unbehandelte Störung typischerweise zu einem chronischen Verlauf führt. Zudem kann es in Folge einer Panikstörung zu zusätzlichen Beschwerden kommen. So leiden bis zu 90% der Betroffenen an weiteren Angststörungen, aber auch depressiven Störungen oder Substanzmissbrauch. Nicht selten entstehen Suchterkrankungen aus dem Versuch, durch Alkohol oder Beruhigungsmittel die Beschwerden zu lindern.
Die gute Nachricht ist: Panikstörungen sind bei frühzeitigem Therapiebeginn gut behandelbar. Psychotherapien, wie die Verhaltenstherapie, befassen sich damit seit über 70 Jahren, aber auch andere Therapieansätze wie Entspannungsverfahren oder Biofeedback werden angewendet. Für den Behandlungserfolg ist es dabei entscheidend, dass bereits möglichst früh Therapeuten aufgesucht werden. Leider passiert das aufgrund von Schamgefühlen oder der Hoffnung, das Problem selbst in den Griff zu bekommen, selten. Aber auch eine Passung zwischen der Therapieform und den individuellen Bedürfnissen ist massgeblich für einen erfolgreichen Verlauf. Warte nicht zu lange und finde noch heute die passende Therapie in deinem ersten Gespräch.
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