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Für Psycholog:innen
Wenn Gefühle und Gedanken rauschen
Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden unter Schwierigkeiten in der Affektregulation, in zwischenmenschlichen Beziehungen und einem schwankenden Selbstbild. Erfahre im folgenden Text mehr darüber, was die kennzeichnenden Symptome und Merkmale der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind.
Vorkommen und Verlauf
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung, kurz BPS, gehört zu den häufigsten Persönlichkeitsstörungen (1.5 - 3 % der Bevölkerung) und macht einen Grossteil der stationär (9 - 14 %) und ambulant (12 - 18 %) psychiatrisch behandelten Patienten:innen aus. Bezüglich dem Verlauf der Borderline-Störung geht die Forschung davon aus, dass Symptome in der Regel erstmals in der Pubertät auftreten, die Störung also in der Pubertät beginnt, jedoch nicht ein Leben lang anhält.
Sehr häufig weisen Borderline-Patienten:innen noch weitere psychische Störungen auf. Dies wird in der Fachsprache Komorbidität genannt. Laut einer Studie aus dem Jahr 1998 sollen ca. 96% der Betroffenen gleichzeitig an einer Depression, ca. 64% an einer Substanzabhängigkeit, ca. 88% an einer Angststörung, ca. 55% an einer posttraumatischen Belastungsstörung und ca. 53% an einer Essstörung leiden.
Komorbidität stellt bei der Borderline-Störung nicht die Ausnahme sondern die Regel dar.
Das Vorkommen weiterer psychischer Störungen stellt einen wichtigen Faktor in der Diagnose und Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung dar und hat auch einen Einfluss auf die Heilungschancen.
Es konnte in einer Langzeitstudie gezeigt werden, dass nach 4 Jahren ca. 60% der Betroffenen die Kriterien der Störung nicht mehr aufweisen. Insbesondere solche Patienten:innen zeigten eine vielversprechende Chance auf Heilung, die keine Erfahrung von sexuellem Missbrauch gemacht hatten, nicht substanzabhängig und beruflich gut integriert waren. Oftmals haben Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung sexuellen Missbrauch in der Vergangenheit erfahren und sexueller Missbrauch stellt somit einen Risikofaktor für die Entwicklung von Borderline dar.
Die wichtigsten Aspekte der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Menschen mit Borderline-Störung haben oftmals äusserst unangenehme und spontan auftauchende innere Anspannung, welche Einfluss auf Gedanken, Gefühle, Wahrnehmung (der Umwelt und insbesondere von anderen Menschen), das Verhalten und Körperempfindungen hat.
Zwischenmenschliche Beziehungen von Betroffenen zeigen sich typischerweise durch hohe Instabilität. Dies umso mehr, je enger die Personen zur von Borderline betroffenen Person stehen. Freunde und Partner werden hierbei extrem auf- und abgewertet und Betroffene können sowohl intensive Nähe als auch Distanz kaum annehmen. Dies führt oftmals zu Missverständnissen mit anderen Menschen, was wiederum zu Konflikten führt, oder dazu, dass sich wichtige Personen abwenden.
Des Weiteren zeigen Borderline-Patienten:innen in der Regel eine Instabilität im Selbstbild bezüglich Selbstwert, Körperbild und Selbstkonzept. Betroffene empfinden es als schwierig Antworten zu finden auf Fragen wie; "was will ich im Leben erreichen?", "was ist wichtig für mich?", "welche Interessen habe ich?" Dies führt zu einem Zustand von Desorientierung im Leben und der Schwierigkeit, wichtige Entscheidungen im Leben zu treffen.
Ein weiteres Merkmal ist Instabilität in den Emotionen, wie beispielsweise enorme Angst davor, verlassen zu werden oder alleine zu sein, sowie Schwierigkeiten mit der Kontrolle von Wut. Daneben werden oftmals Scham, Schuld und Angst vor Abwertung berichtet. Betroffene fühlen sich mit den schnell wechselnden und intensiven Emotionen und den damit ausgelösten inneren Spannungszuständen überfordert. Es kann zu impulsivem und selbstschädigendem Verhalten kommen.
Impulsives selbstschädigendes Verhalten kann sich auf unterschiedliche Art und Weise zeigen, beispielsweise in Essanfällen, selbstverletzendem Verhalten (z.B. Schneiden), Provokation von Unfällen, Suizidversuchen, Wutausbrüchen, Sex mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder Substanzmissbrauch. Betroffene reagieren impulsiv, um innere Anspannungszustände zu regulieren oder zu verhindern.
Die Diagnose der Borderline-Störung
Die Borderline-Störung gehört zu den Persönlichkeitsstörungen. Darum werden bei der Diagnosestellung zuerst die Symptome der allgemeinen Persönlichkeitsstörung abgefragt und erst im zweiten Schritt jene der Borderline-Störung. Zu den Merkmalen der allgemeinen Persönlichkeitsstörung zählen die Folgenden:
- Erleben und Verhalten der Person weicht von den Erwartungen aussenstehender Personen ab. Dies zeigt sich beispielsweise im Bereich Kognition (wie man sich selbst oder andere Menschen und Ereignisse wahrnimmt), im Bereich Affektivität (Intensität, Angemessenheit emotionaler Reaktionen), in der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen oder in der Impulskontrolle.
- Des Weiteren tritt das Verhalten seit Langem auf (seit Pubertät oder frühem Erwachsenenalter) und ist in der Ausprägung stabil.
- Das Verhalten kann nicht durch eine andere psychische Störung, durch Substanzkonsum oder durch eine medizinische Krankheit erklärt werden.
Anschliessend werden die Kriterien der Borderline-Persönlichkeitsstörung abgefragt, welche sich durch folgende Symptome manifestiert (es müssen nicht alle der genannten Kriterien erfüllt sein):
- Verzweifeltes Bemühen darum, nicht alleine zu sein
- Instabile und intensive zwischenmenschliche Beziehungen, die gekennzeichnet sind durch extreme Idealisierung oder Abwertung
- Stark ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes, bzw. des Gefühls für sich selber
- Impulsivität in selbstschädigendem Bereich (z.B. Substanzmissbrauch, Essanfälle, Sex, Geld ausgeben)
- Suiziddrohung oder -versuch
- Selbstschädigendes Verhalten
- Emotionale Instabilität und dabei stark orientiert an der momentanen Stimmung (z.B. episodische Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit, Angst)
- Gefühl der inneren Leere
- Unangemessene starke Wut
- Schwierigkeit Wut zu kontrollieren (z.B. Wutausbrüche, wiederholte Schlägereien)
- z.T. durch Stress ausgelöste paranoide Vorstellungen oder gar dissoziative Symptome
Die Erfassung der Symptome stellt nur einen Teil der Diagnose dar. Weiterhin ist es wichtig zu erfahren, inwieweit sich die Ausprägung der Borderline-Störung in den verschiedenen Lebensbereichen wie Partnerschaft, Freundschaft, Familie, Beruf und Freizeit darstellt. Ausserdem spielt der zeitliche Verlauf des Vorkommens der Symptome und das Vorhandensein weiterer psychischer Erkrankungen eine Rolle. Das Erfassen weiterer psychischer Störungen ist unerlässlich.
Die Symptome von Klient:innen, welche in psychotherapeutischer Behandlung sind, können sich im Laufe der Zeit deutlich verringern.
Hast du das Gefühl, dass du unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidest oder sich eine solche anbahnt und möchtest gerne mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin darüber sprechen? Über Aepsy findest du eine grosse Auswahl an Therapeuten:innen, die dich kompetent unterstützen und begleiten können.
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