«Ich wusste, dass das Vorhaben Mutter zu werden, mich mental fordern würde»

Porträt-Serie «Das Universum in mir» mit Sara | 6th Jun 2023

Saras Geschichte beginnt nicht mit einem Knall. Sie beginnt mit Bedacht und Voraussicht: Im Spätherbst 2017 bemerkte Sara, dass parallel zur Jahreszeit auch ihre Gefühlswelt etwas dunkler wurde. Im Bewusstsein, dass eine bevorstehende herausfordernde persönliche Situation ihr mentales Wohlbefinden stark beeinflussen würde, suchte sie nach Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten. Im Gespräch mit Freunden diskutierte sie die Idee professioneller Unterstützung:

«Innert weniger Wochen war der Entschluss eigentlich gefasst. Es war mir wichtig, das Thema proaktiv anzugehen und mir präventiv Hilfe zu holen.»

Über die Empfehlung eines Freundes gelangte Sara an eine Psychotherapeutin, mit der die Chemie stimmte. «Es tat mir gut, sie regelmässig zu sehen und einen aussenstehenden Profi an meiner Seite zu wissen.» Die Therapeutin half Sara, sich mental auf bestimmte Situationen vorzubereiten und ihre Emotionen und Gefühle besser antizipieren und verstehen zu können. «Manchmal hielt sie mir mit einer gewissen Distanz auch einen Spiegel vor, was mir ermöglichte, meine eigenen Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und reflektieren.» So half sie Sara, die anstehenden Herausforderungen zu navigieren.

Eine Erfahrung, die viele Klient:innen psychologischer Fachpersonen machen, ist das erstmalige ununterbrochene Erzählen der eigenen Geschichte im sicheren Raum der Gesprächstherapie. Eine gefühlt einseitige Kommunikation, die sich je nach Persönlichkeit auch nach einem unangebrachten Monolog anfühlen kann – dies jedoch nicht ist. «Anfangs war es für mich irritierend, dass meine Therapeutin kaum sprach, und meinem Redefluss seinen Lauf liess. Ich merkte dann aber schnell, wie wertvoll das eigentlich war. Ich lernte damit umzugehen, dass ich nicht sofort eine Reaktion oder Erklärung erhielt auf alles, was ich gerade geteilt hatte. Ich lernte, Stille zu ertragen und mir durch die dadurch erzeugte Reflexion selbst Antworten zu geben.» Ihre Psychotherapeutin schaffte es, im richtigen Moment Inputs zu geben, die richtigen Fragen zu stellen und überraschte Sara so immer wieder mit ihren Beobachtungen.

Frieden schliessen mit (vermeintlichen) Widersprüchen

Ihr bisheriges erwachsenes Leben hatte Sara damit verbracht, zu einer emanzipierten Frau zu werden – sich frei und unabhängig zu fühlen. Als Kind albanischer Einwanderer kam sie im Primarschulalter aus dem ländlichen Mazedonien ins Berner Oberland. Sie musste der Sprache mächtig werden, damit sich ihr überhaupt Chancen in der Schweiz auftaten. Von klein auf musste sie sich für sich selbst starkmachen, damit sie den Bildungsweg einschlagen konnte, den sie sich zum Ziel gesetzt hatte. Währenddessen unterstützte sie zu Hause ihre Eltern und Geschwister beim Aufbau ihrer Existenz in der Schweiz. Durchhaltevermögen und Resilienz, die sich für sie auszahlten: Sie besuchte das Gymnasium in Bern und studierte danach in Winterthur Kommunikation im Bachelor und Master.

Mit dem Einstieg in das Berufsleben und den ersten 10 Jahren als Kommunikationsexpertin entwickelten sich ihre persönlichen und beruflichen Ambitionen weiter und neue Träume kamen hinzu. Der Wunsch, ihre eigene Familie zu gründen, war bei Sara schon immer sehr stark und wurde 2020 gemeinsam mit ihrem Partner konkreter.

«Ich wusste, aber dass das Vorhaben Mutter zu werden, mich mental fordern würde.»

Denn es ist gar nicht so leicht, als freiheitsliebende und emanzipierte Frau Mutter zu werden: «Egal wie ebenbürtig mein Mann und ich uns als Paar sind – sobald es um das Thema Kinder kriegen ging, kam ein gesellschaftlich sowie auch biologisch begründetes Ungleichgewicht in unsere Beziehung.» Ein Ungleichgewicht, das nicht auf unterschiedliche Ansichten des Paares zurückzuführen war, sondern auf die Realisation Saras, dass sie als zukünftige Mutter diejenige ist, die unweigerlich zurückstecken muss.

Auch in dieser Lebensphase fand sie Halt in den Gesprächen mit ihrer Psychotherapeutin, denn bereits mit der Entscheidung schwanger zu werden gehen erste Selbstzweifel einher: die Ungewissheit über die eigene Fruchtbarkeit, körperliche Veränderungen sowie die gemeinsame Auseinandersetzung mit der Aufteilung der bevorstehenden Elternverantwortung. Themen, von denen Sara wusste, dass sie herausfordernd werden könnten, weshalb sie heute froh ist, früh genug auf die Unterstützung ihrer Therapeutin zurückgegriffen zu haben. «Mit meiner Therapeutin, die mich inzwischen sehr gut kannte, hatte ich auch in dieser Situation die richtige Begleitung und Unterstützung, um mich auf eine gesunde Art und Weise mit meinen Gedanken auseinanderzusetzen.» So konnte sie ihre Schwangerschaft – Kopfkarussell und unerwarteten Herausforderungen zum Trotz – auch sehr geniessen.

«Ich hatte einen sicheren Ort, um jederzeit über meine Ängste und Sorgen zu sprechen. Ich denke nun sehr gerne an meine Schwangerschaft und auch an die Geburt zurück.»

Freunde sollen Freunde bleiben dürfen

In schwierigen Zeiten finden sich Partner:in oder Freunde schnell in der Rolle der engsten Vertrauten. «Ich finde es wichtig, dass man sich bewusst ist, dass Freunde und Familie – egal wie gut man sich kennt und wie nahe man sich steht – eine Fachperson nicht ersetzen können.» Ihre eigene Erfahrung hat sie gelehrt, dass es sich dabei auch lohnt, dies nicht nur als kurzfristige Unterstützung anzusehen, sondern sich langfristig einer Therapeutin oder einem Coach anzuvertrauen.

«Wenn wir uns Unterstützung für unsere mentale Gesundheit holen, profitieren nicht nur wir selbst, sondern auch unsere Liebsten, die weiterhin einfach in ihrer Kapazität als nahestehende Personen für uns da sein können.»

Mentale und körperliche Gesundheit sind für Sara eng verknüpft: «Wenn mich etwas mental belastet, spüre ich dies in meiner Verdauung, meiner Fitness, meinem Schlaf. Wenn ich mich um meine mentale Gesundheit kümmere, dann kommt damit auch die Energie, mich auch um meine physische Gesundheit zu kümmern. Mein psychisches Wohlbefinden bildet so eigentlich die Basis für alles andere in meinem Leben. Aus diesem Grund macht es für mich auch Sinn, mich vorausschauend darum zu kümmern.»

Mithilfe des präventiven Einstiegs in die Gesprächstherapie hat Sara sich mit persönlichen Herausforderungen sowie dem Start in das gemeinsame Familienleben mit ihrem Ehemann und Sohn bewusst auseinandersetzen können: «Ich bin heute so glücklich! Als Mutter des besten Kindes der Welt, als berufstätige Expertin auf meinem Gebiet, als Freundin für mir nahestehende Personen und als Lebenspartnerin für meinen Mann. Ich liebe mein Leben. Ich weiss, dass auch wieder dunkle Wolken aufziehen können, aber dann weiss ich genau wo und wie ich mir Unterstützung holen kann und was für mich funktioniert.»

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Über Sara

Sara ist 33 Jahre alt und Kommunikationsspezialistin in einem grossen Schweizer Unternehmen. Die filmbegeisterte Mutter eines Eineinhalbjährigen hat sich an der Produktion eines Dokumentarfilms beteiligt und findet Ruhe und Ausgleich in den Schweizer Bergen oder beim Surfen im Meer. In Zürich und Bern ist sie überall da anzutreffen, wo es guten Kaffee oder neue kulinarische Highlights zu entdecken gibt.

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Sarah di Aepsy

Aepsy ist menschliche Kreativität, Ästhetik und Technologie für einfachen, stigmafreien Zugang zu mentaler Gesundheit. Wir reissen Hürden ein und setzten Köpfe frei. Bis alle mental befreit ihren Träumen folgen können. Für uns, für dich und die Generationen nach uns.

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