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Für Psycholog:innen
Isabel Sattler: «Therapie hilft, die eigenen ‘blinden Flecken’ zu entdecken»
Schon als Jugendliche zeigte Isabel Sattler grosses Interesse an Menschen und ihren Verhaltensweisen und versuchte, sich in ihr Gegenüber einzufühlen. Aus ihrer Freude, andere Menschen während Cafébesuchen zu beobachten und zu analysieren, entwickelte sich schnell der Wunsch, aktiv mit Menschen zu arbeiten, ihre Lebensgeschichten kennenzulernen und diese in schwierigen Lebenssituationen zu begleiten und zu unterstützen.
Seit 2012 hat Isabel über Tätigkeiten im Ehrenamt, als Sozialbegleiterin, als studentische Hilfskraft während ihres Psychologiestudiums und durch ihr Wirken als ABA-Therapeutin verschiedene Facetten des psychologischen Fachbereichs kennengelernt. Ihre Tätigkeit als Psychologin hat sie 2018 aufgenommen und arbeitet heute als selbstständige Psychologin vor allem in den Themenbereichen des hochfunktionalen Autismus, (unerfüllter) Kinderwunsch, Schwangerschaft und Familiengründung sowie als Paartherapeutin. Ihre zusätzliche Qualifikation als Yogalehrerin weiss sie bereichernd einzubringen, indem sie die Therapiearbeit mit Elementen aus dem Yoga ergänzt.
Isabel, du hast dich schon früh für die Gefühlswelt deiner Mitmenschen interessiert. Wann hast du für dich herausgefunden, dass du Psychologin werden möchtest?
Bereits in der Primarschule wusste ich, dass mein zukünftiger Beruf etwas mit Menschen oder Tieren zu tun haben sollte. Ein Schulpraktikum in einer Kleintierpraxis, in der die tägliche Routine vor allem in der Kastration von Katern bestand, half mir bei der Entscheidung zugunsten der Menschen. Um das Berufsfeld besser eingrenzen zu können, absolvierte ich diverse Praktika im medizinischen und psychologischen Bereich und entschied mich letztendlich für die Psychologie.
Was macht für professionelle psychologische Unterstützung so wirksam?
Alles ist ein Zustand der ständigen Veränderung – unsere Umwelt, unsere Beziehungen, unser Arbeitsumfeld. Aber auch wir selbst verändern uns, unsere Gedanken und Gefühle ändern sich. Veränderung kann Weiterentwicklung bedeuten, aber gleichzeitig stellt Veränderung auch eine Herausforderung dar. Manchmal entwickeln sich Dinge unerwartet, nicht so, wie wir es geplant oder uns erhofft haben. Oder wir hängen immer in denselben Mustern fest und fragen uns, warum sich ständig alles zu wiederholen scheint. Manchmal kann uns die Veränderung durch eine neue Lebenssituation, auf die wir uns gefreut haben, wie beispielsweise eine Heirat oder die Geburt eines Kindes, gleichzeitig überfordern. Manchmal stösst man angesichts der Veränderungen an die eigenen Grenzen oder gerät sogar in eine Krise. In dieser Situation kann es sehr hilfreich sein, sich Unterstützung zu suchen, um in einem geschützten Rahmen gemeinsam an der aktuellen Situation zu arbeiten. Neben der wissenschaftlichen Evidenz glaube ich an die Wirksamkeit von psychologischem Coaching und Gesprächstherapie, da ich die positiven Effekte bei vielen Menschen bereits miterleben und im Rahmen der Selbsterfahrung der Psychotherapie-Ausbildung auch selbst erfahren durfte.
«Coaching und Gesprächstherapie helfen, die eigenen ‘blinden Flecken’ zu entdecken. Nach meiner Ansicht ist eine ausführliche Selbstreflexion unumgänglich, um das Leben nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten.»
Als ausgebildete Psychologin hast auch du deine Erfahrungen gemacht mit Therapeut:innen, die dich psychologisch begleitet und unterstützt haben. Wie hat dich das beeinflusst?
Entscheidend war für mich, einmal auf der anderen Seite zu sitzen und zu erleben, wie schwierig es ist, die eigenen Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Diese Erfahrung hilft mir, meinen Klient:innen mit Geduld und Empathie zu begegnen. Auch ist es für die psychologische Arbeit essenziell, dass Psycholog:innen ihre eigenen Themen und Muster sehr gut kennen, um im Coaching/ der Therapie «eigene Themen und Triggerpunkte» von denen der gegenübersitzenden Person zu unterscheiden und nicht zu vermischen.
Nach vielen Jahren im Beruf, was würdest du sagen, schätzt du am meisten an deiner Arbeit?
Die Arbeit mit Menschen ist unglaublich spannend, faszinierend und bereichernd. Ich schätze die Gespräche und bin dankbar für den Vertrauensvorschuss, den mir meine Klient:innen schenken. Es ist wunderbar, die Prozesse zu begleiten und ich fiebere jedes Mal mit, wenn eine:r meiner Klient:innen persönliche Ziele erreicht, mehr Klarheit findet und/oder mehr Zufriedenheit und Akzeptanz im eigenen Leben erfährt.
Hattest du auch schonmal einen grossen «Aha-Moment» in deiner Zeit als Psychologin?
Meinem Weltbild nach sind die meisten Menschen von Grund auf gut. Sie streben meistens danach, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und glücklich zu sein. Selbst wenn Situationen oder Verhaltensweisen von aussen betrachtet unverständlich, nicht nachvollziehbar oder sogar schädlich erscheinen, lässt sich bei genauerem Hinschauen meistens erkennen, dass keine bösartige Absicht dahintersteht, sondern sich tiefere Beweggründe und Emotionen identifizieren lassen. Es lohnt sich, eine Situation im Rahmen eines Coachings oder einer Gesprächstherapie auf einer tieferen Ebene zu betrachten, um mehr Klarheit zu schaffen.
Was hilft dir, mit deinen eigenen (mentalen) Herausforderungen umzugehen?
Auf beruflicher Ebene hilft es mir, mich mit Supervisor:innen oder Fachkolleg:innen auszutauschen. Privat hilft es mir, meine Gedanken und Gefühle aufzuschreiben. Zudem lade ich mein Energielevel durch Yogaübungen, Sport, Tanzen (am liebsten allein zuhause) oder durch Beisammensein und Gespräche mit nahestehenden Personen auf. Ich brauche immer wieder Ruhe und Zeit für mich, die ich gerne in der Natur verbringe – nach Möglichkeit am Wasser oder in den Bergen. Wenn ich aber nicht mehr weiter weiss, wende ich mich an eine:n meiner Therapeut:innen aus der Selbsterfahrung.
Gibt es etwas, über das sich Menschen bewusst sein sollten, bevor sie eine Gesprächstherapie oder ein Coaching starten?
Coaching oder Gesprächstherapie bedeutet «Hilfe zur Selbsthilfe». Letztendlich hängt es von dir ab, wie viel du daraus für dich mitnimmst und was du daraus machst. Du wirst deinen Weg finden. Es ist harte Arbeit, die immer wieder herausfordernd und unglaublich anstrengend sein kann – aber sie lohnt sich.
«Dein:e Therapeut:in kann mit dir den Berg besteigen und dir dabei helfen, die Karten und Wegweiser zu lesen und zu entziffern, aber laufen musst du allein.»
Viele Menschen sind unsicher, wenn es um die Wahl der richtigen psychologischen Unterstützung geht. Nebst der passenden Therapieform ist auch der persönliche Match zwischen Klient:in und Fachperson entscheidend für den Erfolg einer Gesprächstherapie. Wie weiss man, ob man die richtige psychologische Betreuung gefunden hat?
Tatsächlich muss die Chemie stimmen. Eine enge psychologische Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen. Es ist wichtig, dass du dich in der Sitzung mit deinem Gegenüber sicher und wohl fühlst. Auch ich achte auf mein Bauchgefühl im Hinblick darauf, ob ich mir eine gemeinsame Zusammenarbeit vorstellen kann und prüfe natürlich, ob dein Anliegen zu meiner Expertise passt.
Neben der Einzeltherapie arbeitest du auch mit Paaren und Familien. In bestimmten Situationen kann es auch sinnvoll sein, mit der Partnerin oder dem Partner zusammen an etwas zu arbeiten. Woran merkt man, ob eine Paartherapie hilfreich sein könnte?
Der Mensch ist ein soziales Wesen und steht immer in Beziehung zu anderen. Unsere engen Beziehungen haben einen immensen Einfluss auf unser allgemeines Wohlbefinden. Gerade enge Beziehungen können gleichzeitig herausfordernd und kompliziert sein. Manchmal bleiben wir in denselben Konflikten stecken. Manchmal nerven uns genau die Dinge, die wir am Anfang so spannend fanden. Manchmal reden wir aneinander vorbei und finden nicht die gleiche Sprache. Durch Kommunikationstraining, das gegenseitige Kennenlernen «unseres Gepäcks» und unsere individuellen Stärken als Paar und Einzelpersonen, kann oft sehr viel emotionale und körperliche Nähe wiederhergestellt und die Beziehungsqualität nachhaltig verbessert und aufrechterhalten werden.
Was sind typische Herausforderungen, mit denen sich Paare und/oder Familien an dich wenden?
Bestimmte Situationen können besonders herausfordernd sein, vor allem wenn sich viel innerhalb der Beziehung verändert. Unter anderem beim Wechsel von einer Beziehung mit räumlicher Nähe zu einer Fernbeziehung (und vice versa), bei gemeinsamen (Langzeit-)Reisen, bei (unerfülltem) Kinderwunsch oder bei der Gründung einer Familie. Auch einige Beziehungskonstellationen, wie beispielsweise Patchwork-Familien, bringen einerseits viele Stärken, aber auch besondere Herausforderungen mit sich, die gute Kommunikation und Zusammenarbeit benötigen. Es geht in der Paar- und Familientherapie nicht um ein «richtig oder falsch» oder ein «gut oder schlecht», sondern immer darum, das Konstrukt für möglichst passend zu gestalten und die Menschen auf ihrem individuellen Weg zu begleiten, zu unterstützen und zu stärken.
Warum hast du dich dafür entschieden, mit Aepsy zu arbeiten?
Ich habe schon länger von einer eigenen Online-Praxis geträumt. Während meiner Praxisgründung und Recherche bin ich auf Aepsy gestossen und sah das Matching-Verfahren und den Service als perfekte Ergänzung für meine Selbstständigkeit. Da das Arbeiten im Online-Setting zuweilen einsam werden kann, bin ich dankbar für die Aepsy-Community und den regen Austausch mit anderen Fachpersonen.
Ich habe mich überschwänglich auf das Online-Arbeiten gefreut, die Unterstützung durch das Aepsy-Team hat mich zusätzlich motiviert und mir den Einstieg erleichtert. Ich persönlich schätze das selbstständige und freie Arbeiten sehr. So kann ich mich freier entfalten als in einer Klinik, nach meinen Vorstellungen arbeiten und dabei auch entscheiden, mit wem ich arbeiten möchte. Aepsy stellt mithilfe des Matching-Prozesses sicher, dass mich die Menschen finden, die ich mit meiner Expertise unterstützen und mit denen ich eine gemeinsame Basis finde kann.
Ich schätze auch es sehr, dass Aepsy mir den «Admin-Kram» abnimmt und mir dabei hilft für meine Zielgruppe sichtbar zu werden. So kann ich die Zeit für meine Herzensarbeit, die Sitzungen mit Klient:innen, nutzen.
Über Isabel
Isabel Sattler arbeitet seit knapp zwölf Jahren mit Menschen. Das Studium der Psychologie hat sie mit einem Master of Science in klinischer Psychologie und Psychotherapie an der Universität Bern abgeschlossen. Nach mehreren beruflichen Stationen hat sie 2021 ihre eigene Praxis gegründet und bietet über Aepsy psychologisches Coaching im Online-Setting an. In ihrer Tätigkeit für ihre Klient:innen hat sie sich u.a. auf hochfunktionalen Autismus sowie Thematiken wie Schwangerschaft, Post-Partal und Paarbeziehung spezialisiert (im Einzel-, Paar- oder Familiensetting). Parallel dazu ist sie seit 2022 als Psychologin an einer Institutsambulanz am Bodensee tätig. Isabel ist sehr an kontinuierlicher Weiterbildung interessiert und erwirbt regelmässig zusätzliche Qualifikationen, um ihr Therapiespektrum zu festigen und zu erweitern.
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